Sachgrundlose Befristungen: Doch nicht alles zurück auf Anfang?

Seit Jahren besteht das Ärgernis einer Rechtsunsicherheit für Arbeitgeber beim Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen, ohne dass es einen Sachgrund für eine solche Befristung gäbe.

Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist eine solche sachgrundlose Befristung nicht mehr möglich (und kommt damit ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande), wenn „mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat“.

Dieses sog. „Vorbeschäftigungsverbot“ wurde jahrelang so verstanden, dass es als ein „Niemals-Zuvor-Beschäftigungsverbot“ zu verstehen sei: jede auch noch so lange zurückliegende Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis würde eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG verhindern.

Dieses unbefriedigende Ergebnis in der Praxis (Unternehmen vernichten in der Regel nach Ablauf der gesetzlichen Fristen frühere Personalunterlagen) versuchte das Bundesarbeitsgericht mit einer Entscheidung aus 2011zu korrigieren und wollte die Vorschrift so auslegen, dass nur vor Beschäftigungen in den letzten 3 Jahren vor Abschluss des Arbeitsvertrages für eine Befristung hinderlich seien.

Viele Instanzgerichte verweigerten allerdings dem Bundesarbeitsgericht die Gefolgschaft, und schließlich urteilte das Bundesverfassungsgericht im Juni 2018 (1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14), dass die neuere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht aufrechterhalten werden könne, weil sie die Grenzen einer vertretbaren Auslegung gesetzlicher Vorschriften überschreite. Der Gesetzgeber sei zum Handeln aufgerufen.

Hieraus wurde in der Praxis der Schluss gezogen, dass es nun wieder bei der alten Rechtsprechung bis 2011 verbleibe und wiederum ein „Niemals-Zuvor-Beschäftigungsverbot“ gelte. Dem ist allerdings jetzt das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 23.01.2019, 7 AZR 733/16, entgegengetreten.

Wie das BAG in seiner Pressemitteilung 3/19 mitgeteilt hat, kommt es nunmehr auf eine Einzelfallbetrachtung an. Denn trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts dürften und müssten die Fachgericht den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG durch verfassungskonforme Auslegung einschränken, wenn ansonsten das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar werde. Das sei z.B. dann der Fall, wenn eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht bestehe und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten.

Fazit:

Das Bundesarbeitsgericht setzt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes aus Juni 2018 um, kehrt aber nicht zur früheren Rechtsprechung zurück, sondern umreißt nun erstmals Anhaltspunkte für eine Einzelfallentscheidung, um doch noch sachgrundlose Befristungen zu ermöglichen, selbst wenn die Parteien zu einem früheren Zeitpunkt schon einmal zusammengearbeitet haben.

Für die Praxis ist damit freilich noch kein abschließender Mehrwert an Rechtssicherheit gewonnen, weil sich eine Rechtsprechung zu Einzelfallabwägungen erst ausbilden muss.

Eine klare Lösung könnte hier nur der Gesetzgeber schaffen. Insoweit dürfte aber mit einer Klarstellung im Gesetzestext nicht zu rechnen sein, denn diese Forderung wird seit mehr als einem Jahrzehnt bereits lautstark erhoben, ohne dass sie jemals Beachtung gefunden hätte.

Die wirksame Befristung von Arbeitsverhältnissen bleibt damit eine Herausforderung, denn neben der Frage der Vorbeschäftigung gibt es zahlreiche weitere Stolperfallen für Arbeitgeber.

Autor

Fachanwalt für Arbeitsrecht