Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts – Die wesentlichen Änderungen im Überblick

7. Juni 2021

Das Personengesellschaftsrecht soll noch dieses Jahr grundlegend neu kodifiziert werden. Neben wesentlichen Änderungen der Regelungen zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Bürgerlichen Gesetzbuch werden auch die Regelungen zur Kommanditgesellschaft und Offenen Handelsgesellschaft im Handelsgesetzbuch geändert werden.

Bereits im April 2020 hatte eine vom Bundesjustizministerium eingesetzte Kommission von Expertinnen und Experten den sog. „Mauracher Entwurf“ vorgelegt, auf dem der am 20. Januar 2021 veröffentlichte und vom Bundeskabinett beschlossene Regierungsentwurf des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrecht (kurz „MoPeG“) beruht. Der Regierungsentwurf muss nun noch den Bundesrat und Bundestag passieren. Ab dem 1. Januar 2023 soll das Gesetz in Kraft treten.

Anlass für die geplante Gesetzesänderung ist, dass die gesetzlichen Regelungen der GbR und der Personenhandelsgesellschaften letztlich den Bedürfnissen der Praxis nicht mehr entsprechen.

Nach dem Regelungskonzept der §§ 705 ff. BGB handelt es sich bei der GbR um eine nicht rechtsfähige Gesamthandsgemeinschaft. In der Praxis ist es allerdings vielfach so, dass die Gesellschaften bürgerlichen Rechts auf Dauer angelegt sind und zu einem Zweck gegründet werden, der eine Teilnahme am Rechtsverkehr erfordert.  Bereits im Jahr 2001 hat der Bundesgerichtshof daher der GbR die Rechtsfähigkeit und im Jahr 2009 die Grundbuchfähigkeit zuerkannt.

Auch im Bereich des Beschlussmängelrechts von Personengesellschaften ist es erforderlich, die gesetzlichen Regelungen an die praktischen Gegebenheiten anzupassen. Fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse von Personengesellschaften sind derzeit grundsätzlich nichtig. Es erfolgt keine Differenzierung der Mängelfolgen nach der Schwere des Rechtsverstoßes. In der Praxis werden daher schon jetzt regelmäßig die gesetzlichen Regelungen abbedungen und durch solche ersetzt, die – in Anlehnung an das Aktiengesetz – die Möglichkeit einer fristgebundenen Anfechtungsklage gegen den mangelhaften Beschluss vorsehen.

Schließlich wird im Hinblick auf die bei der Partnerschaftsgesellschaft nur eingeschränkte Möglichkeit zur Haftungsbeschränkung am bisherigen Personengesellschaftsrecht auch beanstandet, dass es bestimmten Freiberuflern verwehrt ist, sich der Gesellschaftsform der Personenhandelsgesellschaft zu bedienen.

Ziel der Gesetzesänderung ist es daher, die vorhandenen Regelungen den praktischen Bedürfnissen von Gesellschaften und Gesellschaftern anzupassen. Zu diesem Zweck soll das gesetzliche Leitbild der Gesellschaft bürgerlichen Rechts grundlegend geändert werdenZudem soll das neue Beschlussmängelrecht des MoPeG an das Aktienrecht angelehnt sein und eine Anfechtungsmöglichkeit vorsehen. Außerdem sollen grundsätzlich auch Freiberufler künftig die Rechtsform der Personenhandelsgesellschaft zur gemeinsamen Berufsausübung wählen können.

Im Wesentlichen sind die folgenden Änderungen geplant: 

Änderungen bei der GbR

  1. Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Die seit langem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannte Rechtsfähigkeit der GbR soll in § 705 Abs. 2 BGB-RegE (BGB-Regierungsentwurf) kodifiziert werden. Eine Besonderheit wird sein, dass die GbR sowohl als rechtsfähige und am Rechtsverkehr teilnehmende Gesellschaft als auch als nicht-rechtsfähige (Innen-)Gesellschaft ausgestaltet werden kann.

  1. Gesellschaftsregister

707 BGB-RegE sieht zudem die Einführung eines Gesellschaftsregisters vor. Rechtsfähige Gesellschaften bürgerlichen Rechts werden in Zukunft Angaben zu Name, Sitz, Anschrift, Vertretungsbefugnissen sowie Gesellschafterdaten in dem Gesellschaftsregister eintragen lassen können. Eingetragene GbR werden verpflichtend den Firmenzusatz „eGbR“ tragen müssen. In dem Regierungsentwurf ist keine verpflichtende Registeranmeldung vorgesehen und diese wird auch keine Voraussetzung für die Entstehung der GbR sein. Rein faktisch wird es aber womöglich zu einer Eintragungspflicht der Grundstücks-GbR kommen, da auch die Grundbuchordnung teilweise neu gefasst werden wird und § 47 Abs. 2 GBO-RegE für den Erwerb von Grundstücken die Eintragung im Gesellschaftsregister voraussetzt.

Gemäß § 707a Abs. 3 BGB-RegE ist auf die Eintragung im Gesellschaftsregister der Gutglaubensschutz des § 15 HGB entsprechend anzuwenden, d.h. jeder Dritte kann auf die Richtigkeit der Eintragung vertrauen.

  1. Umwandlungsgesetz

Das Umwandlungsgesetz soll dahingehend geändert werden, dass nicht mehr nur Personenhandelsgesellschaften Rechtsträger von Verschmelzungen, Spaltungen oder Formwechseln sein können, sondern auch (rechtsfähige und eingetragene) Gesellschaften bürgerlichen Rechts. Unternehmensstrukturierungen unter Beteiligung einer GbR werden so erleichtert und können flexibler gehandhabt werden.

Änderungen bei GbR, OHG und KG

  1. Freies Sitzwahlrecht

Bisher ist es so, dass sich der Gesellschaftssitz nach dem tatsächlichen Verwaltungssitz der Gesellschaft bestimmt. Jede Verlegung der Gesellschaftsverwaltung hat also einen Sitzwechsel zur Folge. Eine grenzüberschreitende Sitzverlegung führt aktuell zur Auflösung und Liquidation der Gesellschaft.

Nach § 706 BGB-RegE soll in Zukunft für alle in Deutschland registrierten Personengesellschaften ein freies Sitzwahlrecht unabhängig vom Ort der Eintragung gelten. Damit wird es einer deutschen Personenhandelsgesellschaft ermöglicht, sämtliche Geschäftstätigkeiten auch im Ausland durchzuführen und trotzdem eine deutsche Personengesellschaft zu bleiben.

  1. Stimmrecht und Gewinnanteil

709 Abs. 3 BGB-RegE sieht für die GbR und über die Verweisung in §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB auch für die OHG und KG eine Neuverteilung der Stimmrechts- und Gewinnanteile vor. Wo bisher noch eine Verteilung nach Köpfen der gesetzliche Regelfall war, wird ab 2023 im Zweifel eine Verteilung nach Beteiligungsverhältnissen anzunehmen sein. Sollten keine Beteiligungsverhältnisse vereinbart worden sein, so richten sie sich nach dem Verhältnis der vereinbarten Werte der Beiträge, wie es in der Praxis aktuell schon die Regel ist.

Ausschließlich für die OHG und die KG geltende Änderungen

  1. Neues Beschlussmängelrecht

Die wohl größte Veränderung für OHG und KG wird das neue Beschlussmängelrecht sein. Im Grundsatz gilt für Beschlüsse bei Personengesellschaften bisher, dass jede Fehlerhaftigkeit zur Nichtigkeit des betreffenden Beschlusses führt. Eine Rechtsschutzmöglichkeit besteht aktuell lediglich in Form der Feststellungsklage auf Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses. Das soll sich für die OHG und KG mit der Gesetzesreform grundlegend ändern.

In den §§ 100-115 HGB-RegE ist ein neues Beschlussmängelrecht kodifiziert, das an das Beschlussmängelrecht der Kapitalgesellschaften (GmbH und AG) angelehnt ist. In Zukunft soll jeder Gesellschafter einen fehlerhaften Beschluss anfechten können. Beschlüsse werden nur noch nichtig sein, sofern sie vom Gericht für nichtig erklärt worden sind oder ein Verstoß gegen grundlegende Rechtsvorschriften vorliegt. Ansonsten sind Beschlüsse wirksam und können mit einer Anfechtungsklage angefochten werden.

Das neue Beschlussmängelrecht wird aller Voraussicht nach nicht für die GbR gelten. In der Vergangenheit wurde zwar viel darüber diskutiert, allerdings steht nach überwiegender Ansicht der fehlende Professionalisierungsgrad der GbR gegenüber den Personenhandelsgesellschaften der Einführung des Anfechtungsmodells in der GbR entgegen.

  1. Freiberufler dürfen sich als Personenhandelsgesellschaft zusammenschließen

Aktuell dürfen Freiberufler wie Rechtsanwälte, Ärzte und Architekten nicht die Rechtsform der Personenhandelsgesellschaft zur gemeinsamen Berufsausübung wählen, da ihr Gesellschaftszweck nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist. § 107 Abs. 1 Satz 2 HGB-RegE öffnet nun die Personenhandelsgesellschaften auch für freie Berufe, sofern dies berufsrechtlich zulässig ist. Die Partnerschaftsgesellschaft bleibt daneben weiterhin eine zulässige Rechtsform für Freiberufler.

In Zukunft können also Freiberufler insbesondere die Rechtsform der GmbH & Co. KG wählen und entsprechend die Haftung auf die des Kommanditisten beschränken. Die Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten werden in Zukunft viel weiter gehen als noch bei der Partnerschaftsgesellschaft, bei der eine Haftungsbeschränkung nur für Verbindlichkeiten aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung bei Bestehen einer entsprechenden Berufshaftpflichtversicherung greift. In der (GmbH & Co.) KG ist die Haftung unabhängig vom zugrundeliegenden Sachverhalt und es besteht damit eine generelle Haftungsbeschränkung.

Bei der Wahl einer Personenhandelsgesellschaft als Rechtsform ist allerdings auch an die damit verbundenen erweiterten Buchführungs- und Publizitätspflichten, insbesondere an die Pflicht zur Veröffentlichung von Jahresabschlüssen, zu denken.

  1. Einheits-KG

Der Regierungsentwurf enthält auch eine Regelung zur Vertretung in der Einheits-KG. In einer Kommanditgesellschaft, deren einzig persönlich haftender Gesellschafter eine GmbH ist, an der die KG sämtliche Anteile hält (Einheits-KG), sollen in Zukunft im gesetzlichen Regelfall nach § 170 Abs. 2 HGB-RegE die Rechte der KG in der Gesellschafterversammlung der GmbH von den Kommanditisten wahrgenommen werden. Bisher war es so, dass die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH die Rechte der KG wahrgenommen haben.

Fazit:

Durch die Neugestaltung der BGB-Regelungen zur GbR wird diese Rechtsform erheblich aufgewertet werden, denn die Schaffung eines Gesellschaftsregisters verleiht ihr Transparenz und erleichtert die Teilnahme am Rechtsverkehr. GbR-Gesellschafter sollten daher bis zur Einführung des Gesellschaftsregister entscheiden, ob eine Eintragung sinnvoll ist.

Für Grundstücks-GbR wird nach dem jetzigen Stand des Gesetzesentwurfs faktisch eine Eintragungspflicht in das Gesellschaftsregister bestehen, da Änderungen des Grundbuchs eine Registereintragung voraussetzen werden.

Es empfiehlt sich außerdem, nicht nur für GbR-Gesellschafter, bestehende Gesellschaftsverträge mit den neuen Regelungen abzugleichen und im Zweifel Änderungen vorzunehmen, wenn Abweichungen von der zukünftigen Rechtslage gewünscht sind.

Freiberufler sollten prüfen, ob die Ausübung ihres Berufes in der Rechtsform der Personenhandelsgesellschaft mit dem jeweiligen Berufsrecht in Einklang steht und ob die Änderung der Rechtsform im Hinblick auf die damit einhergehenden erweiterten Pflichten zur Buchführung und Publizität sinnvoll erscheint.

Zu bedenken ist diesbezüglich auch, dass Freiberufler, die als Rechtsform eine Personenhandelsgesellschaft wählen, aufgrund der weitgehenden Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten negativ wahrgenommen werden könnten. Das den freien Berufen innewohnende persönliche Vertrauensverhältnis scheint mit einer weitgehenden Haftungsbeschränkung nämlich nur schwer vereinbar zu sein.

Autor

Fachanwalt für Steuerrecht