Neue HOAI 2021 – Was werden die wesentlichen Änderungen sein?

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte mit Urteil vom 04.07.2019 (Az. C-377/17) die Mindest- und Höchstsätze der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) wegen Verstoßes gegen Art. 15 der Richtlinie 2006/123 EG (Dienstleistungsrichtlinie) für europarechtswidrig erklärt (vgl. dazu unsere Beiträge vom 04.07.2019 und vom 26.09.2019). Nach der Entscheidung kündigte der Gesetzgeber an, mit einer Reform der HOAI für Rechtsklarheit sorgen zu wollen.

Am 16. September 2020 hat das Bundeskabinett den von Bundeswirtschaftsminister Altmaier vorgelegten Entwurf der Ersten Verordnung zur Änderung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure beschlossen. Nach dem Beschluss des Bundeskabinetts muss noch der Bundesrat der Verordnung zustimmen. Geplant ist, dass die Änderungen zum 01.01.2021 in Kraft treten werden.

Die HOAI beruht als Verordnung auf dem Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG). Das ArchLG musste zunächst angepasst werden, damit die HOAI geändert werden kann. Einer entsprechenden Änderung hat der Bundestag am 08.10.2020 zugestimmt.

Verbindliche Mindest- und Höchstsätze entfallen

Die neue Honorarordnung soll den Vorgaben des EuGH Rechnung tragen. Insbesondere sieht die neue Verordnung vor, dass die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen künftig frei vereinbart werden können.

Die HOAI soll künftig keine verbindlichen Mindest- oder Höchsthonorarsätze mehr vorgeben. Die bisherigen Regelungen, welche die HOAI für die Kalkulation der Honorare enthält, sollen allerdings beibehalten werden. Das entsprechend der bekannten Kalkulationsregeln ermittelte Honorar soll mittels eines Zu- oder Abschlags oder durch die Vereinbarung eines Pauschalhonorars oder einer zeitabhängigen Vergütung (Stundensatz) geändert werden können. Im Ergebnis soll die HOAI künftig unverbindliche Honorarempfehlungen enthalten, die eine wichtige Orientierung für die Honorarhöhe im Einzelfall bieten. Für den Fall, dass keine wirksame Honorarvereinbarung geschlossen wird (oder nachgewiesen werden kann), soll der sogenannte Basishonorarsatz als vereinbart gelten, dessen Höhe dem bisherigen Mindestsatz entspricht.

Erweiterter Anwendungsbereich

Die Anwendung der HOAI soll zukünftig nicht mehr auf Leistungserbringer mit Sitz im Inland und die Erbringung der Leistung im Inland beschränkt werden. Da die Anwendung der HOAI nicht mehr verpflichtend sein soll, sondern von ihr abgewichen werden kann, dürfte dies unproblematisch sein.

Keine Schriftform mehr für Honorarvereinbarungen erforderlich

Es soll zukünftig genügen, wenn die Honorarvereinbarung in Textform getroffen wird. Ist Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden (§ 126b BGB). Diese Anforderung erfüllen regelmäßig z.B. Kopien, Telefaxe, E-Mails oder Computerfaxe sowie auf CD-ROM oder USB-Stick gespeicherte Erklärungen. Das bisherige Schriftformerfordernis soll entfallen. Damit wird dann auch der bei der Durchführung von elektronischen Vergabeverfahren, insb. betreffend die elektronische Zuschlags- /Auftragserteilung, bislang bestehende Konflikt gelöst.

Kein fixer Zeitpunkt mehr für Honorarvereinbarungen

Die Parteien sollen die Möglichkeit erhalten, das Honorar zukünftig erst nach Vertragsschluss zu vereinbaren und das vereinbarte Honorar während der Ausführung anpassen zu können.

Fälligkeit des Honorars

Voraussetzung für die Fälligkeit des Honorars soll die Abnahme und die Erteilung einer prüfbaren Schlussrechnung sein. Abschläge können in Höhe des Wertes der erbrachten Leistungen verlangt werden.

Verbraucherschutz

Ist der Auftraggeber Verbraucher, soll der Auftragnehmer ihn zukünftig vor Abschluss der Honorarvereinbarung in Textform (vgl. oben) darauf hinweisen müssen, dass das Honorar frei – und damit auch abweichend von den Honorarsätzen der HOAI – vereinbart werden kann.

Zeitlicher Geltungsbereich der neuen Regelungen

Die neuen Regelungen der HOAI sollen erst für Verträge, die nach dem Inkrafttreten der neuen Vorschriften (voraussichtlich zum 01.01.2021 siehe oben) abgeschlossen werden, gelten.

Für die zwischen dem 17.07.2013 und dem 31.12.2020 geschlossene Verträge würde demnach die HOAI 2013 weiter gelten, mit den sich aus der Entscheidung des EuGH vom 04.07.2019 ergebenden Unsicherheiten (vgl. dazu unsere bereits oben zitierten Beitrag vom 26.09.2019). Eine insoweit klärende Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Frage, welche Auswirkungen die Entscheidung des EuGH auf laufende Verträge hat, lässt auf sich warten. Der BGH hat in einem anhängigen Verfahren (Az. VII ZR 174/19) mit Beschluss vom 14.05.2020 die Sache dem EuGH vorgelegt.

Fazit

Sofern die Änderungen der HOAI zum 01.01.2021 in Kraft treten werden, wird es für ab diesem Zeitpunkt abgeschlossene Verträge keine verbindlichen Mindest- und Höchstsätze mehr geben. Insgesamt dürften die neuen Regelungen die Gestaltung von Honorarvereinbarungen etwas vereinfachen und damit auch für mehr Rechtssicherheit sorgen.

Autor

Immobilienökonom (EBS), Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Immobilienwirtschaftsrecht & Baurecht